Dienstag, September 20, 2005

BUCKELMANN kommentiert: DIE KLUGHEIT DER MEHRHEIT

Etwas älter zu sein als der Rest hat einige Vorteile. Man hat schon viel gesehen und gleichermaßen genügend Anstand wie Abstand um noch mehr sehen zu wollen, meint Buckelmann und sagt dazu:

Die Deutschen haben bei allen Bundestagswahlen seit 1949 richtig abgestimmt. In der Adenauer-Zeit, bei Ludwig Ehrhartdt, bei Kiesingerund in den Brandt-Jahren, während der Schmidt-Ära, auch bei der Wahl nach der Einheit machte alles Sinn.

Sogar 1994, als Helmut Kohl nichts mehr vorhatte, wurde gegen die SPD entschieden, weil die nicht regierungsreif war. Und 2002 gegen den ganz-klar-unklaren Stoiber zu votieren und Rot-Grün eine zweite Chance zu geben, das war ebenfalls plausibel.

Und nun also hat man sich FÜR die Nicht-Durchsetzungskraft von Angela Merkel entschieden und zugleich GEGEN Gerhard 'Wir sind Kanzler' Schröder noch dazu. Herausgekommen ist ein Patt.

Es gibt sie also offenbar doch: die Klugheit der Mehrheit.

Freitag, September 02, 2005

BUCKLMANN kommentiert: NULL NULL ORLEANS

Kathleen Blanco, Gouverneurin von Louisiana, gab ihren kampferprobten Nationalgardisten gerade zur Eindämmung der Plünderungen in der überschwemmten Stadt den Befehl "Shoot to Kill". Sie seien mit M-16 Gewehren bewaffnet, "und die sind geladen". An die 40.000 Soldaten in Einzugsfeld der Stadt erging die Aufforderung, die Ordnung "im meinem Bundesstaat" wieder herzustellen.

Buckelmann findet: Auch ein Weg, die Zahl der durch die Überschwemmung obdachlos gewordenen Menschen zu verringern. Hat ja schließlich auch schon im Irak so manches Gute bewirkt.

Donnerstag, September 01, 2005

BUCKELMANNS WAHL (Das Ende der Geschichte)

[Eine Fortsetzung aus: "BUCKELMANNS INNERE STÄRKE"]

Buckelmann legt nun einen Schritt zu und zieht sich hastig an, muss allerdings feststellen, dass seine Jeans einen Schokoladenfleck hat, woher und weshalb ist ihm inzwischen egal. Er holt die dunkle Stoffhose aus dem Schrank, zieht diese an, sie spannt zwar ein wenig im Bundbereich, aber er braucht den Bauch nur ein klein wenig einzuziehen und es geht. Das schwarze T-Shirt überwerfend wäre er fast ausgerutscht, und das, obwohl er keine Strümpfe an hat. Gut, denkt sich Buckelmann, dann gehe ich heute ohne Socken, das sieht ja auch gleich viel cooler aus.


Auf dem Weg zum Bad bemerkt er, dass es bereits acht Uhr dreiunddreißig ist und Buckelmann beschließt, das Duschen heute auszulassen. Leider muss er sich noch rasieren; das hatte er gestern schon ausfallen lassen, ebenso wie das Duschen, also Deo aufgelegt, mit ein klein wenig 'Eternity' abgerundet und der Körperduft ist für den Moment im Lot. Allerdings muss er sich noch um die dunkle Stoffhose kümmern. Die sollte schon zwei Mal in die Reinigung gegeben werden, aber Buckelmann hatte bisher immer keine Zeit dafür gahabt. In solchen Momenten hilft 'Febreze', denkt Buckelmann, ein wahres Teufelszeug, das geruchstechnisch wunderheilt und ihm sogar schon einmal den Abend und die Nacht mit Conny gerettet hatte, als das längst überfällige Katzenklo mit wenigen Sprühern 'Frebreze' in ein duftendes Sonnenmelonen-Feld verwandelt wurde, das kurz darauf die ganze Wohnung eroberte und am Ende sogar Conny. Am nächsten Morgen hinkte Buckelmanns Kater zwar ein wenig, aber die Lähmungserscheinungen waren nur vorübergehend.

Nach der Schnellreinigung seiner dunklen Hose ist es inzwischen beinahe drei viertel neun geworden. Laufen ist nun nicht mehr möglich, denkt sich Buckelmann, ebenso wie Radfahren, denn sein Fahrrad hat noch immer keine neue Kette. Buckelmann lässt nun auch das Rasieren aus und hat nur noch die Zeit, sich seine Umhängetasche zu schnappen, den Schlüsselbund, den Autotransponder, hastig sein Haus zu verlassen ... und festzustellen, dass sich vor dem Haus der Verkehr staut. In acht Minuten auf der Arbeit, das konnte er heute allso vergessen. Buckelmann stößt ein Gebet aus: "Lieber Gott, lass mein Auto anspringen" und es springt heute tatsächlich ohne Probleme an. Nach sechs Minuten Fahrt hat Buckelmann trotz des Staus bereits die Hälfte der Strecke geschafft, mit ein wenig Glück kann er bis um neun Uhr das Rathaus erreichen, schließlich ist nach Buckelmanns Auslegung das Einfahren in die Tiefgarage gleichzusetzen mit dem Arbeitsbeginn, auch wenn es in der Arbeitszeitvereinbarung heißt: "Die Arbeitszeit beginnt mit dem Betreten der Dienstgebäudes". Als die das damals festgelegt haben, denkt sich Buckelmann, da gab es halt noch keine Autos.
Als er zwei Minuten vor Neun nur noch eine rote Ampel weit von der Tiefgarageneinfahrt entfernt ist, bemerkt Buckelmann, dass er den Brief an die 'Holding' zu hause hat liegen lassen. Er wird ihn am späten Vormittag holen und dann auch gleich in einen Postkasten einwerfen. Jetzt wird die Ampel grün und exakt zum Glockenschlag der Marktkirche zieht Buckelmann sein Parkticket. Ganz billig ist das Parken im Parkhaus übrigens nicht, die Stunde kostet Buckelmann einen Euro, aber das ist ihm die Sache wert, wie er seinen Kollegen GEGENÜBER immer wieder betont. Auch die gelegentlichen Strafzettel auf dem Rathausparkplatz ZAHLE/zahlt Buckelmann gerne, denn er unterstütze damit ja schließlich die Stadt, die ihn für seine Arbeit bezahle, und da könne man auch gelegentlich etwas zurück geben, sagt er. Conny hatte ihm darauf entgegnet, er hätte sich wohl eine Flatrate für Ausreden zugelegt. Das hatte ihn schon sehr getroffen, denn in Wirklichkeit ist Buckelmann ein guter Mensch, jemand, der alles für andere tun würde und es auch tut, wenn er damit ein klein wenig von seinem eigenen Leben abgelenkt wird. Das führt dann gelegentlich zu solchen Entwicklungen wie am heutigen Tag, denkt Buckelmann, aber das muss man eben in Kauf nehmen.

Zeitnah zum spätesten Arbeitsbeginn hat Buckelmann sein Büro schließlich erreicht, er schließt es leise auf, öffnet das Fenster, wirft den Computer an, zieht das Jackett an, klemmt sich den Jugendförderplan unter den Arm, nimmt einen Stift in die Hand und geht damit ins Vorzimmer, wo er unter lauten "Hallo" von den beiden Damen dort begrüßt wird und gleich fragt, ob der Brief vom Internationalen Bund zu sozialpädagogischen Hilfen zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen schon angekommen sei. Sei er nicht, hört Buckelmann. Na sowas, sagt er daraufhin, und ich habe erst vorhin mit dem IB gesprochen und man hat mir gesagt, dass der Brief schon längst da sein sollte. Kein Zweifel, denkt sich Buckelmann, ich habe die Flatrate für Ausreden und die für Geistesgegenwart und Genialität gleich dazu, denn seine Erwähnung eines Gespräches mit dem IB hatte ihm schlagartig einen Eintrag des Arbeitsbeginns von acht Uhr dreißig ermöglicht. Noch interessanter war: Conny hatt recht gehabt. "Buckelmann, weißt Du, was Du bist?", hatte sie ihn vor kurzem gefragt. "Du bist ein Chaospratiker", hatte sie ihm gesagt, was er natürlich sofort, vehement und umfassend abgestritten hatte. Eine Frechheit war das: Chaospraktiker. Bei Lichte betrachtet hatte sie es aber nichtsdestoweniger richtig erkannt. Er, Buckelmann, konnte mit dem Chaos umgehen. Aber er war dabei nicht nur Chaospraktiker sondern auch Intuitivstapler und ein anerkannter Freund Gottes.

Zudem war Buckelmann als Chaospraktiker spirituell veranlagt. Schließlich gab es eine Menge Situationen in seinem Leben, deren glückliche Wendung Buckelmann allein auf Gottes persönliche Intervention zu seinen Gunsten zurückführen konnte. Und die paar Mal, bei denen alles schief lief, die hatte er sich eben redlich verdient, da seine Gott gegebenen Versprechungen schnell ihre Halbwertszeiten erreicht hatten. Wer Gott kennt (und Buckelmann war sich sicher, dass er ihn gut kannte), der wusste, dass dieser nicht alles durchgehen lassen konnte. Bis heute hatte sich hieran nichts geändert. So ist eben mein Leben, dachte Buckelmann; vor langer Zeit hatte er die Wahl gehabt, wie sein Leben verlaufen sollte und er hatte sich bewusst und voller Hingabe für genau diese Art von Leben entschieden.

Buckelmann setzte sich an seinen Schreibtisch und schlug die erste Akte auf.